VSH-Scha­den­fall: Ver­let­zung der vor­ver­trag­li­chen Anzei­ge­pflicht, Rück­tritt des Ver­si­che­rers vom Krankenzusatzversicherungs-Vertrag

Aus­zug: „Sie haf­ten zum einen für die bereits ent­stan­de­nen Behand­lungs­kos­ten in Höhe von vor­läu­fig 3.460,09 € sowie für die wei­te­ren Behand­lungs­kos­ten für die medi­zi­nisch erfor­der­li­che Ver­sor­gung unse­res Herrn Man­dan­ten, die nach Mit­tei­lung der behan­deln­den Ärz­tin mit rund 20.000,00 € zu ver­an­schla­gen sind. Wei­ter haf­ten Sie unse­rem Herrn Man­dan­ten für sämt­li­che Schä­den, die die­ser infol­ge des feh­len­den Zahn­zu­satz­ver­si­che­rungs­schut­zes aktu­ell und in Zukunft erleidet.“


Was war geschehen?

Der Mak­ler M hat­te 2018 eine Zahn­zu­satz­ver­si­che­rung für sei­nen Kun­den K abge­schlos­sen. Im Vor­feld wur­den K fünf Tari­fe von unter­schied­li­chen Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten ange­bo­ten. Der Kun­de ent­schied sich für den Ver­si­che­rer V.Da Mak­ler M die­sen Tarif nur über ein Online-Tool abschlies­sen konn­te, kopier­te er die dar­in gestell­ten Gesund­heits­fra­gen und mail­te die­se K zu.

Unter ande­rem wur­de Fra­ge gestellt:

„Wer­den der­zeit Zahn­be­hand­lun­gen oder Behand­lun­gen wegen Zahn­ersatz durch­ge­führt oder sind sol­che ange­ra­ten oder beab­sich­tigt (z. B. auch wegen Knir­scher-/Auf­biss­schie­nen)?“

Die­se Fra­ge wur­de wie folgt beant­wor­tet: „Nein, der­zeit immer nur Vor­sor­ge­un­ter­su­chung. Ich habe eine Auf­biss­schie­ne (seit meh­re­ren Jah­ren).“ Des­wei­te­ren wies K dar­auf­hin, dass ein Zahn mit einer Lang­zeit­kro­ne ver­se­hen sei sowie, dass zwei feh­len­de Zäh­ne vor­han­den seien.

Mak­ler M beant­wor­te­te dar­auf­hin in dem Online-Tool die oben genann­te Fra­ge mit „Nein“. Er wuss­te zwar von der Auf­biss­schie­ne, ging aber in bes­tem Wis­sen davon aus, dass sei­ne Ant­wort rich­tig war, denn der Kun­de hat­te ja bestä­tigt, dass kei­ne Behand­lung ange­ra­ten oder beab­sich­tigt sei. Dass das Vor­han­den­sein einer Auf­biss­schie­ne auf­grund der regel­mä­ßi­gen Aus­bes­se­rung oder Anpas­sung als dau­er­haf­te Behand­lung ange­se­hen wird, wuss­te er nicht.

Etwa drei Jah­re spä­ter erfolg­te dann von V der Rück­tritt vom Ver­si­che­rungs­ver­trag gemäß § 19 VVG. V begrün­de­te den Ver­trags­rück­tritt mit drei Argu­men­ten: Mit dem Lang­zeit­pro­vi­so­ri­um (eine Wort­er­fin­dung des Kun­den K) sei kei­ne abschlies­sen­de Ver­sor­gung vor­han­den, son­dern eine lau­fen­de Behand­lung. Die Pla­nung eines Implan­tats sei laut ärzt­li­cher Aus­kunft schon 2011 geplant gewe­sen und letzt­lich sei eine Auf­biss­schie­ne vorhanden.

Mak­ler M schal­te­te sofort sei­nen Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer CGPA ein. Offi­zi­ell war zu die­sem Zeit­punkt der Scha­den­fall gemäß den Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen der VSH noch nicht ein­ge­tre­ten, da der Anspruch noch nicht schrift­lich gel­tend gemacht wur­de (=ver­bes­ser­te Scha­den­mel­de­klau­sel). Den­noch wur­de die Kanz­lei Michae­lis von CGPA damit beauf­tragt, dem Mak­ler M ein Schrei­ben zu ent­wer­fen, wel­ches er pro­phy­lak­tisch dem Kun­den M aus­hän­di­gen kön­ne, wenn die­ser Mak­ler M einen Vor­wurf der Falsch­be­ra­tung unter­stel­len sollte.

K war jedoch mit die­sem Schrei­ben, in wel­chem juris­tisch dar­ge­legt wur­de, war­um M nicht haf­ten müs­se, nicht ein­ver­stan­den und wand­te sich an Rechts­an­wäl­tin R.

R nahm umge­hend Mak­ler M in Anspruch, was den Ver­si­che­rungs­fall in der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung auslöste.

In dem Schrei­ben von R heißt es eingangs:

„Von Beginn Ihrer auf die Ver­mitt­lung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Ver­tra­ges gerich­te­ten Tätig­keit wuss­ten Sie, dass im Ver­si­che­rungs­ver­trag zwei feh­len­de Zäh­ne, ein mit einer Lang­zeit­kro­ne ver­sorg­ter Zahn sowie die Tat­sa­che, dass unser Herr Man­dant bereits seit meh­re­ren Jah­ren eine Auf­biss­schie­ne trug, Berück­sich­ti­gung fin­den müssen.“

Wei­ter­hin sei­en die oben genann­ten Ansprü­che dem Grun­de und der Höhe nach inner­halb einer Frist von 15 Tagen zu bestä­ti­gen und eine ers­te Abschlags­zah­lung zu leisten.

CGPA beauf­trag­te dar­auf­hin die Kanz­lei Michae­lis mit der Abwehr der Ansprü­che. Es folg­te ein reger Schrift­wech­sel zwi­schen R und der Kanz­lei Michae­lis. Ziel­füh­rend war jedoch fol­gen­des Argu­ment der Kanz­lei Michaelis:

„Des Wei­te­ren erfolgt aber auch die wei­ter­füh­ren­de Fra­ge, ob Zahn­be­hand­lun­gen oder Zahn­ersatz geplant sind. So hat­te Ihr Man­dant die Antrags­fra­ge: „Wer­den der­zeit Zahn­be­hand­lun­gen oder Behand­lun­gen wegen Zahn­ersatz durch­ge­führt oder sind sol­che ange­ra­ten oder beab­sich­tigt (z. B. wegen Knir­scher-/Auf­biss­schie­nen)?“ mit Nein beantwortet.

Die­se Antrags­fra­ge hat Ihr Man­dant falsch beant­wor­tet. In der Tat hat­te er gegen­über unse­rer Man­dant­schaft mit­ge­teilt, dass zwei Zäh­ne feh­len. Er hat aber eben nicht mit­ge­teilt, dass hin­sicht­lich die­ser feh­len­den Zäh­ne Zahn­be­hand­lun­gen ange­ra­ten oder beab­sich­tigt sind. Die­ser Umstand allei­ne berech­tigt den Ver­si­che­rer, den Rück­tritt vom Ver­si­che­rungs­ver­trag zu erklä­ren, wie dies auch mit Ein­wurf­ein­schrei­ben vom 20.04.2021 geschah.

Eine etwa­ige Behaup­tung Ihres Man­dan­ten, unser Man­dant wie­der­um hät­te gewusst, dass Zahn­be­hand­lun­gen ange­ra­ten oder beab­sich­tigt sind, ist abso­lut unrich­tig. Denn wenn unser Man­dant dies gewusst hät­te, hät­te eine Antrags­stel­lung gegen­über dem Ver­si­che­rer über­haupt gar kei­nen Sinn gemacht.“

In einem anschlies­sen­den Tele­fo­nat zwi­schen R und der Kanz­lei Michae­lis wur­de dar­auf­hin eine mög­li­che Kulanz­zah­lung der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung erörtert.

CGPA hat der vor­ge­schla­ge­nen Sum­me von 2.000 EUR zuge­stimmt, womit alle wech­sel­sei­ti­gen Ansprü­che abge­gol­ten waren.

Fazit:

  • Ver­trags­rück­trit­te von Ver­si­che­rern auf­grund fal­scher Anga­ben zum Gesund­heits­zu­stand sind eine der häu­figs­ten Scha­den­ur­sa­chen in der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung von Ver­si­che­rungs­mak­lern. Sie sind des­halb in aller Regel sehr kos­ten­in­ten­siv, weil der Kun­de – solan­ge er lebt und sofern er im Streit obsiegt – Ansprü­che stel­len wird, wenn eine Kos­ten­er­stat­tung auf­grund des poten­zi­el­len Feh­lers des Ver­mitt­lers nicht erfolgt und der Ver­si­che­rungs­schutz auch nicht mehr besorgt wer­den kann.
  • Eine juris­ti­sche Beglei­tung durch Fach­an­wäl­te, die im Ver­si­che­rungs­recht behei­ma­tet sind, ist uner­läss­lich. Auch in die­sem Fall konn­te die Kanz­lei Michae­lis mit ihrer Kom­pe­tenz überzeugen.
  • Auch wenn wir als VSH-Ver­si­che­rer der Über­zeu­gung waren, dass M nicht für den Scha­den ein­tre­ten müs­se, haben wir dem Ver­gleich zuge­stimmt. Letzt­lich birgt eine Gerichts­ver­hand­lung immer ein gewis­ses Rest­ri­si­ko und mit einer Zah­lung von 2.000 EUR zuzüg­lich der Rechts­an­walts­kos­ten konn­ten wir die­ses Risi­ko ver­hin­dern. Eben­falls hat dabei eine Rol­le gespielt, dass Mak­ler M mit die­ser Zah­lung von der Belas­tung eines Rechts­streits befreit wird.
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