Mystery Shopping bei Versicherungsmaklern — Nach England und Belgien startet nun auch die italienische Aufsichtsbehörde
IN ITALIEN BEGINNT DIE AUFSICHTSBEHÖRDE MIT MYSTERY SHOPPING
Am 19. März 2021 veröffentlichte die IVASS (die italienische Aufsichtsbehörde für Versicherungsvermittler) eine Pressemitteilung, in der sie mitteilte, dass die ersten Besuche von Mystery Shoppern bereits Anfang des Monats begonnen haben. In der Tat hat die IVASS im Jahr 2020 im Zusammenhang mit ihrer Aufgabe des Verbraucherschutzes das “Mystery Shopping” eingeführt und zwei Pilotprojekte gestartet, um direkt zu überprüfen, ob die Geschäftspraktiken von Agenten, Banken und Maklern sowie im Internet korrekt sind. In Italien nimmt der Verkauf von Versicherungsprodukten über das Internet zu, und IVASS möchte seine Aufgaben erfüllen und sich gleichzeitig an die Veränderungen beim Kauf von Versicherungen durch die Italiener anpassen.
Was ist Mystery Shopping?
Mystery Shopping — so erklärt das Institut in einem Memorandum — ist eine Verifizierungstechnik, die kommerzielle Unternehmen seit Jahren nutzen, um die Qualität ihrer Waren und Dienstleistungen zu überprüfen, und bei der Personen eingesetzt werden, die vorgeben, Kunden zu sein.
Dieses Instrument ist in verschiedenen kommerziellen Aktivitäten weit verbreitet und wird als Mittel der “Prävention” und nicht nur als Kontrollmethode angesehen. Es kann auch beim Online-Shopping eingesetzt werden, in diesem Fall wird es “Mystery Surfing” genannt. Das Mystery Shopping, das mit Unterstützung der EIOPA (Europäische Versicherungsaufsichtsbehörde) entwickelt und durch das Programm zur Unterstützung von Strukturreformen der Europäischen Union finanziert wird, zielt darauf ab, der italienischen Versicherungsaufsichtsbehörde neue Werkzeuge und Methoden für die Ausübung ihrer Tätigkeit zur Überwachung der Tätigkeit von Versicherungsvermittlern zur Verfügung zu stellen.
Wie funktioniert es?
Der Mystery Shopper ist ein geschulter Fachmann, der anonym als potenzieller Käufer auftritt: In der Praxis geht er oder sie zur Versicherungsagentur, zum Makler, zur Bank oder zur Post und fragt nach allen Informationen, die für den Abschluss eines Versicherungsprodukts erforderlich sind. Diese Vorgehensweise gilt auch online: Der Mystery Shopper surft anonym auf der Website des Vermittlers und versucht, alle Informationen zu sammeln, die er für eine fundierte Entscheidung benötigt. Die Mystery Shopper stellen also fest, wie Versicherungsprodukte angeboten werden und reichen dann einen Bericht bei IVASS ein.
Im Gegensatz zu traditionellen Überwachungsinstrumenten, wie z. B. Inspektionen, die Ereignisse und Praktiken aufdecken können, die bereits stattgefunden haben, ist der Mystery Shopping-Mechanismus eine Kontrolle vor dem Ereignis und ist besonders nützlich, um Verhaltensweisen zu stoppen, die nicht mit den Verpflichtungen eines Vermittlers übereinstimmen, wie z. B. die Anforderung, dass ein Produkt den Anforderungen und Bedürfnissen eines Kunden entspricht.
Dieser Mechanismus muss mit allen anderen bereits existierenden Kontrollinstrumenten kompatibel sein. Dazu hat sich IVASS von einer Studie anderer europäischer Länder inspirieren lassen, die diese Praxis im Versicherungssektor bereits anwenden, wie z. B. Großbritannien und Belgien, und entwickelt einen entsprechenden Rechtsrahmen.
Was überprüfen Mystery Shopper?
Der Mystery Shopper soll überprüfen, ob Versicherungsvermittler ihren Verpflichtungen nachkommen, wie z. B.:
- Vollständige Information des Kunden vor und während des Verkaufs eines Versicherungsprodukts und Aushändigung spezifischer Informationsunterlagen an den Kunden;
- Einhaltung der Anforderung, dass ein Produkt den Anforderungen und Bedürfnissen des Kunden entspricht (der Mystery Shopper soll überprüfen, ob die Versicherungsvermittler den Kunden nach den notwendigen Informationen fragen).
Versicherungsvermittler halten sich oft nicht an diese regulatorischen Anforderungen. Angesichts dieser neuen Kontrollmaßnahmen und eines zunehmend digitalen und regulierten Versicherungsmarktes müssen die Versicherungsvermittler nun wachsamer denn je sein.
Wie geht es weiter?
Wenn diese Erfahrung erfolgreich ist, kann sie auf andere Bereiche und Sektoren, die sie beaufsichtigt, ausgeweitet werden.
Allerdings müssen noch einige Fragen geklärt werden, wie z. B. das Zusammenspiel zwischen Mystery Shopping und anderen Untersuchungstechniken oder wie viel Gewicht den Schlussfolgerungen des Mystery Shoppers zu geben ist.
In der Tat nutzen auch andere Länder wie Belgien Mystery Shopping als Kontrollmethode. Die FSMA (die belgische Aufsichtsbehörde) hat diese Kontrollmethode im Vorfeld seit 2013 entwickelt. Die Schlussfolgerungen von Mystery Shoppern reichen nicht aus, um die Annahme konkreter Maßnahmen oder die Verhängung von Sanktionen gegen Versicherungsvermittler zu rechtfertigen. Dennoch können sie zu einer weiteren Prüfung führen. Es wird daher an IVASS liegen, zu entscheiden, ob es angemessen ist, das gleiche Modell wie in Belgien zu verwenden oder nicht. Es ist wichtig, die Tatsache zu betonen, dass Mystery Shopping stark kritisiert wurde, als die FSMA begann, es in Belgien einzusetzen. In der Tat wiesen einige darauf hin, dass es andere Mittel gibt, die genauso effektiv sind wie diese Methode, wie z.B. Tests, Untersuchungen, ungedeckte Vor-Ort-Inspektionen, etc. Außerdem können Mystery Shopper Mitarbeiter der FSMA oder externe Mitarbeiter sein, aber das Gesetz sieht keine besondere berufliche oder ethische Qualifikation für diese Dritten vor. Schließlich hat Mystery Shopping einige Bedenken hinsichtlich der einseitig von den Mystery Shoppern gezogenen Schlussfolgerungen aufgeworfen, bzw. der Tatsache, dass diese Methode impliziert, dass die FSMA sowohl Richter als auch Partei ist — was ihrer Meinung nach eine grundlegende Verletzung der subjektiven Rechte des Einzelnen darstellt.
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