Nachdem wir in unserem letzten Presseartikel darauf hingewiesen haben, auf welche Leistungserweiterungen in den Versicherungsbedingungen man als Versicherungsmakler*in in seiner eigenen VSH achten sollte, wollen wir heute darstellen, welche Deckungslücken in Altverträgen schlummern können.
Regelmäßig werden uns Versicherungsbedingungen vorgelegt mit der Bitte, den Unterschied zu unseren eigenen VSH-Konzepten zu verdeutlichen. Nicht nur, dass viele Erweiterungen fehlen, die man heute schon fast als Standard ansehen kann, sind in länger bestehenden Verträgen Klauseln enthalten, die auf den ersten Blick gar nicht negativ auffallen.
Bei näherem Betrachten – oder vielleicht nach einem nicht versicherten Schadenfall – jedoch sieht man den Unterschied zu modernen VSH-Konzepten. Alleine die letzten drei uns vorgelegten Versicherungsbedingungen enthielten die nachstehenden Klauseln, die wir Ihnen auf keinen Fall empfehlen möchten:
- Definition des Verstoßes:
„Als bekannter Verstoß gilt ein Vorkommnis, wenn es vom Versicherungsnehmer oder von versicherten Personen, seinen Gesellschaftern / Mitinhabern, als – wenn auch nur möglicherweise – objektiv fehlsam erkannt oder ihm, wenn auch nur bedingt, als fehlsam bezeichnet worden ist, auch wenn Schadenersatzansprüche weder erhoben noch angedroht noch befürchtet worden sind.“
Der Verstoß gilt als Schadenfall in der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Da hieran auch die Meldefrist eines Schadens geknüpft ist, gebührt dieser Klausel besondere Aufmerksamkeit. Gemäß der obigen Formulierung würde beispielsweise schon ein negativer Presseartikel über ein Versicherungsunternehmen ausreichen, um einen Schadenfall melden zu müssen. Böse Zungen behaupten, bei Vorliegen dieser Klausel müsste man daher zu jedem Versicherungsantrag auch gleich eine Schadenanzeige bei seinem VSH-Versicherer einreichen.
Brisant wird dies in Verbindung mit der Meldepflicht eines Schadens:
- Keine verbesserte Anzeige eines Schadenfalls:
„Jeder Versicherungsfall ist dem Versicherer unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche, in Textform anzuzeigen.“
Ein Vorkommnis, bei dem gar keine Schadenersatzansprüche zu befürchten sind, muss hier also innerhalb einer Woche gemeldet werden. Die Kombination dieser beiden Klauseln ist für den Versicherungsnehmer – also den oder die Versicherungsmakler*in – sehr gefährlich.
Ein Vergleich zu den Bedingungen von CGPA:
„Versicherungsfall im Sinne dieses Vertrags ist der Verstoß, der Haftpflichtansprüche eines Dritten gegenüber dem Versicherungsnehmer zur Folge haben könnte. Der Versicherungsnehmer muss den Versicherer über jeden Versicherungsfall erst nach schriftlicher Inanspruchnahme innerhalb einer Woche informieren.“
- Verpflichtung zur Dokumentation:
„Der Versicherungsnehmer hat den gesetzlichen Dokumentationspflichten bei seiner Tätigkeit als Versicherungsvermittler nachzukommen und im Versicherungsfall die Dokumentation bzw. die Verzichtserklärung vorzulegen.“
Der Versicherer mit dieser Klausel gibt sich in einem Begleittext zu den Bedingungen große Mühe, diese Klausel als vorteilhaft darzustellen. Er bezieht sich dabei auf Transparenz und Klarheit und dass es sich letztlich ja um eine gesetzliche Pflicht handelt, die auch nur dann Auswirkungen hat, wenn das Nichtvorhandensein eines entsprechenden Dokuments in kausalem Zusammenhang zu dem eingetretenen Schaden steht. Die eigentliche Gefahr besteht aber unseres Erachtens darin, dass es bei einer Beweislastumkehr fast unmöglich ist, ohne Dokumentation nachzuweisen, dass der Vermittler richtig beraten hat. Daher ist ein kausaler Zusammenhang schnell hergestellt und mit dieser oben genannten Klausel fährt der Vermittler ein großes Risiko, ohne VSH-Schutz da zu stehen.
Man darf nicht naiv sein: Aus vielen Schriftwechseln mit VSH-Versicherern wissen wir, dass die Beratungsdokumentation zu den ersten Dingen gehört, die ein Versicherer nach einer Schadenmeldung anfordert. Das ist ja auch nur zu verständlich.
Ein Vergleich zu den Bedingungen von CGPA:
In unseren Bedingungen findet sich keine solche Klausel. In unseren werblichen Aussagen weisen wir daraufhin, dass eine im Einzelfall unterlassene Beratungsdokumentation nicht als wissentliche Pflichtverletzung bewertet wird. Gleiches gilt, wenn der rechtzeitige Zugang beim Kunden nicht mehr nachgewiesen werden kann.
Bei den letzten drei von CGPA regulierten Fällen gab es jeweils keine Beratungsdokumentation zu den streitgegenständlichen Verträgen.
- Ausschluss Schadenfälle bei Fremdverträgen:
„(…) aus der Bearbeitung von Schadenfällen außerhalb des vom Versicherungsnehmer verwalteten Versicherungsbestandes.“
Stellen Sie sich vor, Sie betreuen Ihren Kunden ganzheitlich auf Basis eines entsprechenden Maklervertrages. Lediglich die KfZ-Versicherung ist nicht in Ihrem Bestand. Sei es, weil Ihr Kunde dieses bei der LVM oder HUK-Coburg lassen möchte oder weil es eben dort noch nicht gekündigt und umgedeckt wurde. Dieser Vertrag ist demnach nicht in Ihrem Versicherungsbestand. Nun hat Ihr Kunde einen Schaden erlitten und bittet Sie um Ihre Unterstützung. Passiert Ihnen hier ein Fehler – zum Beispiel aufgrund einer Falschaussage – haben Sie mit dieser Klausel keinen Versicherungsschutz.
Ein Vergleich zu den Bedingungen von CGPA:
In unseren Bedingungen findet sich keine solche Ausschluss-Klausel.
- Bonitätsrisiko:
„Nicht versichert sind Haftpflichtansprüche, die aus dem Bonitäts- oder Insolvenzrisiko eines Produktgebers resultieren.“
Können Sie sich noch an die Insolvenz der Mannheimer Lebensversicherung erinnern? Im Jahr 2002 ging zum ersten Mal in der deutschen Versicherungswirtschaft ein Lebensversicherer pleite. Heutzutage gibt es zwar mehr Sicherheitsmechanismen (z.B. Solvency II) als damals, aber Sie wissen selbst, wie es in der Niedrigzinsphase um Lebensversicherer mit alten Garantieverträgen bestellt ist und wie viele Gesellschaften bereits von anderen „geschluckt“ wurden oder ihre Bestände outgesourct haben. Das Risiko ist nicht von der Hand zu weisen. Daher sollte hier unbedingt Versicherungsschutz gewährleistet sein.
Ein Vergleich zu den Bedingungen von CGPA:
In unseren Bedingungen findet sich keine solche Ausschluss-Klausel.
- Eingeschränkte Übernahme der Nachhaftung von Vorverträgen:
- “Es besteht keine Rückwärtsversicherung für Vorverträge auf Basis von Claims-Made (Anspruchserhebungsprinzip).”
- “Sollte kein lückenloser Versicherungsschutz bestehen, wird auch Versicherungsschutz für Haftpflichtansprüche gewährt, die während der Laufzeit dieses Vertrages eintreten und gemeldet werden, wenn der zugrunde liegende Verstoß während der Laufzeit eines Vorvertrages erfolgt ist und der Vorversicherer wegen Ablaufs der Meldefrist keinen Versicherungsschutz mehr zu gewähren hat und der Verstoß nicht länger als 10 Jahre ab Vertragsbeginn dieses Vertrages zurückliegt.”
In einzelnen Pflichtversicherungsbereichen gemäß § 34d,f/h und i gilt jeweils eine unbegrenzte Nachhaftung vorschrieben. Allerdings erst seit der jeweiligen Einführung in den Jahren 2007, 2013 und 2016. Zuvor galt in den einzelnen Bereichen zumeist eine zeitlich befristete Nachhaftung. Wer also den Risikoträger seiner VSH wechselt und sich verbessern möchte, sollte darauf achten, dass bei der sogenannten Übernahme der Nachhaftung keine Lücken vorhanden sind.
Es gab bis zur Umsetzung der Versicherungsvermittler-Richtlinie im Jahr 2007 zum Beispiel einen VSH-Assekuradeur mit Sitz in Bremen. Dieser bot seinen Kunden eine VSH in Kooperation mit Lloyd´s London auf Claims-made-Basis an. Auch wenn das zeitlich schon länger zurückliegt, kann ein Kunde dennoch einen Anspruch stellen, der bei Vorliegen der erstgenannten Klausel dann nicht versichert wäre.
Die zweite Klausel schränkt den Versicherungsschutz — sofern zeitliche Lücken vorhanden sind — aus unserer Sicht noch mehr ein, denn sie stellt pauschal – also unabhängig von der Schadenfalldefinition – darauf ab, dass Verstöße, die mehr als 10 Jahre vor Versicherungsbeginn begangen wurden, ausgeschlossen sind.
Ein Vergleich zu den Bedingungen von CGPA:
„In Erweiterung zu Ziff. 2.3 besteht Versicherungsschutz für Verstöße, die während der Laufzeit aller vorangehenden Versicherungsverträge vorgekommen sind, sofern ein Vorversicherer aufgrund einer abgelaufenen Nachhaftung keinen Versicherungsschutz mehr zu gewähren hat.“
Diese hier aufgeführten Klauseln sind bestehenden Verträgen von Versicherungsmakler*innen von drei unterschiedlichen Risikoträgern entnommen. Es gibt noch weitere Unterschiede und gewiss in anderen VSH-Produkten noch viel mehr. Unser Anliegen ist es, Sie dafür zu sensibilisieren. Und natürlich freuen wir uns, wenn Sie Leistungen und auch die Prämie einmal mit unseren VSH-Angeboten vergleichen.